Mittwoch, 12. September 2012

Und hissten eine schwarze Fahne...

Am 11. September griffen Jihadisten der Hizb-ut-Tahrir die diplomatischen Vertretungen der Vereinigten Staaten in Kairo und Bengasi an, und ermordeten vier Menschen, darunter den US-Botschafter in Libyen, J. Christopher Stevens. Am 12. September erklärt der Spiegel Online, den dazu unisono veröffentlichten Angaben diverser Agenturen folgend, unter der Überschrift: "Islamisten töten US-Botschafter in Bengasi":

"Auch vor der US-Botschaft in der ägyptischen Hauptstadt Kairo war es in der Nacht zu Ausschreitungen gekommen. Dort stürmten Demonstranten auf das Botschaftsgelände, rissen die US-Flagge herunter und hissten eine schwarze Fahne mit einer islamischen Inschrift."

Eine schwarze Fahne mit einer islamistischen Inschrift. Diese Angabe ist so irreführend wie die Umschreibung des Banners der NSDAP als einer roten Fahne mit einem schwarzen Symbol. Immerhin  handelt es sich um die Fahne der Hizb-ut-Tahrir, einer seit mehr als vier Jahren unter diesem Banner in Indonesien, Malaysia, Singapur, Bangladesch, Indien, Pakistan, Usbekistan, Dagestan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan, der Ukraine, der Türkei, dem Jemen, Kuweit, dem Irak, Syrien, dem Libanon, Jordanien, Ägypten, Libyen, Algerien, Tunesien, Marokko, Mali, Somalia, dem Sudan, Australien, Großbritannien, den USA und in Deutschland auftretenden Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, den gesamten arabischen Siedlungsraum zu erobern und unter der Herrschaft der Scharia zu vereinigen.




Die Ursprünge dieser Bewegung reichen bis in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück und liegen in Indien, wo sich die Kalifatsbewegung als fundamentalistisch religiöser Flügel von der säkularen Muslimliga abspaltete, die islamische Republiken in West- und Ostpakistan (dem heutigen Bangladesh) anstrebte. Unter dem Namen Hizb-ut-Tahrir trat die Bewegung erstmalig 1953 in Ostjerusalem in Erscheinung. Ihr Schwerpunkt richtete sich bis in die 70er Jahre auf die Befreiung Palästinas. Nach dem Tod ihres Gründers Taqi ad-Din an-Nabhani wandte sich die Bewegung gegen den panarabischen Nationalismus, und stilisierte sich zur politischen Alleinvertretung der gesamten muslimischen Welt, die sie von westlichen Einflüssen zu befreien und in einem islamischen Superstaat zu vereinigen trachtet.




Die Ideologie der Hizb-ut-Tahrir basiert auf der Verneinung jedweder Legitimation menschlicher Souveränität, die als unvereinbar mit der alleinigen Souveränität Allahs angesehen wird, welche ihren letztgültigen Ausdruck im Koran, der Sira und der Sunna findet. Ihre Anhänger führen ethnische und politische Spannungen, wirtschaftliche Probleme, Armut, ja sogar Krankheiten auf die Korruption des menschlichen Denkens und Handelns zurück, die durch Einführung der Scharia in allen Lebensbereichen zurückgedrängt werden soll. Säkulare Prinzipien stellen in ihren Augen ein System der Ungläubigen dar, die sich durch demokratisch legitimierte Gesetzgebung Hoheitsrechte anmaßen, die allein Allah zustehen.


Die Bewegung organisiert sich dezentral. Ihrer Ideologie folgend vermeidet sie die Konfrontation mit der Zentralgewalt und setzt ihre Prinzipien durch Gewalt in der Peripherie von ihr angegriffener Staaten durch. Nach dem Vorbild der Taliban erobert sie einzelne Dörfer, Stadtviertel oder Straßenkreuzungen, führt exemplarische Hinrichtungen durch und setzt auf die symbolische Demonstration ihrer Kriegsführungsfähigkeit. Im Schatten der Berichterstattung um das amerikanische Konstrukt Al Kaida wurde die Hizb-ut-Tahrir nahezu unsichtbar, obgleich sie in Pakistan, Usbekistan, Kasachstan, dem Irak, Libyen, Ägypten und Syrien kontinuierlich durch Anschläge und Massaker in Erscheinung tritt.




Syrische Demonstranten skandieren ihre Parolen, in Libyen und Mali kontrolliert sie Territorien, die als Kalifatsgebiete unter ihrem Banner stehen, in der syrischen FSA bekennen sich Kommendeure offen zu ihrer Zugehörigkeit und im Irak werden die Flaggen der Bewegung über eroberten Polizeirevieren gehisst. Nach dem Massaker von Taldou (Al-Houla) traten die Täter mit den Abzeichen der Bewegung an die UNSMIS-Beobachter heran, um die von ihnen ermordeten Opfer vorzuführen. Seit mehreren Jahren veröffentlicht der amerikanische Zweig der Hizb-ut-Tahrir aufwendig produzierte Propagandavideos, mit denen der Jihad um die Wiedererrichtung des Kalifats angekündigt und beworben wird.

Wo er stattfindet, hissen sie eine schwarze Fahne mit einer islamischen Inschrift. Sie ist so bekannt, wie die Banner der NSDAP bekannt gewesen sind, Jahre bevor der Führerstaat ausgerufen wurde. Die rassistischen Phrasen beider Bewegungen nehmen sich nichts. Ebensowenig ihre Brutalität.

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